Zu Zeiten des Nationalsozialismus gab es in Bielefeld etwa 20 „Judenhäuser“. Darunter versteht man Häuser, die ursprünglich jüdischen Bürgerinnen und Bürger gehört hatten und in die weitere Jüdinnen und Juden zwangsweise ziehen mussten. Diese Häuser wurden von der Gestapo überwacht. In vielen Fällen wurden seine Bewohner und Bewohnerinnen deportiert. So war dies ebenfalls in der Falkstraße 17 der Fall.
Insgesamt mussten 15 Juden und Jüdinnen in die Falkstraße 17 ziehen. Elf von ihnen wurden deportiert und überlebten den Holocaust nicht. Die erste Deportation, von der das Haus betroffen war, war die Riga-Deportation am 13. Dezember 1941. Hier wurden das Ehepaar Paul und Selma Löwenthal sowie die Witwe Bertha Klaremeier abgeholt. Ihr Ehemann Gustav war zuvor bereits verstorben.
Die nächsten acht Bewohnerinnen und Bewohner traf es am 31. Juli 1942. Sie wurden nach Theresienstadt deportiert. Unter ihnen befand sich das Ehepaar Sally und Grete Blank mit ihrer Tochter Hildegard, welche die damaligen Eigentümer des Wohnhauses Falkstraße 17 waren. Des Weiteren traf es das Ehepaar Josef und Bertha Meyer. Vor der Machtergreifung 1933 handelte es sich bei den beiden Familien um wohlhabende Leute. Die übrigen ebenfalls deportierten Bewohnerinnen und Bewohner waren die beiden Witwen Else Weinberg sowie Emma Meyerfeld. Ebenso endete das Leben von Mathilde Löwenberg in Theresienstadt. Else Löwenberg war eine weitere Frau, die in der Falkstraße 17 lebte. Sie verschwand am 8. Juli 1942 und ist daher vermutlich am 10. Juli 1942 aus Bielefeld nach Auschwitz deportiert worden. Zwei weitere Bewohnerinnen und Bewohner zogen aus der Falkstraße 17 aus.
Nach der letzten Deportation ging das Haus in den Besitz des Finanzamts Bielefeld über, ohne dass eine Entschädigung an die Familie Blank gezahlt wurde. Fortan gehörte es zum sogenannten „Judenvermögen“. Das Reich setzte viele der konfiszierten Wohnungen als Reichmietwohnung ein. Im November 1942 zogen im Erdgeschoss des Hauses das Ehepaar Zur Mühlen ein. Sie bekamen die Wohnung vermittelt, denn ihr vorheriger Vermieter meldete Eigenbedarf an. In die Wohnung im Obergeschoss zog der Polizei-Hauptmann der Schutzpolizei Gustav Speckmann mit seiner Familie ein. In den Quellen wird Speckmann als überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus beschrieben. Während seiner Zeit in Bielefeld bekam er mehrere Auszeichnungen verliehen. Nach dem Krieg verhaftete ihn die Militärregierung. Allerdings wurde er im Zuge der Entnazifizierung freigesprochen. Nach einer kurzzeitigen Entlassung setzte man ihn wieder bei der Kreispolizei Höxter ein, wo er bis zu seinem Pensionsantritt seinen Beruf gewissenhaft erledigte.
Während des Krieges erlitt das Haus Schäden infolge der Bombenangriffe. Die rechtmäßigen Eigentümer waren Fritz und Albert Blank, die Söhne und Erben des Ehepaares Blank. In einem Rückerstattungsverfahren im Jahr 1954 bekamen sie das Haus zugesprochen, denn im Grundbuch waren nach wie vor ihre Eltern als Besitzer eingetragen. In der Zwischenzeit ist allerdings Willy Krause eingezogen, der das Haus wiederaufgebaut hatte. Die Brüder verkauften das Haus später an ihn.
Spur aufgenommen und Recherche
Nicole Gensior B.A.
Universität Bielefeld