Um 10:00 Uhr vormittags, am 20. Januar des Jahres 1942, begann die Versteigerung der Besitztümer von Gustav und Henriette Boas.
Gustav Boas und seine Frau Henriette betrieben gemeinsam ein Wäschereigeschäft in der Kronenstraße 4. Henriette (*16. Januar 1882 in Bielefeld) übernahm das Geschäft nach dem Tod ihres Vaters. Hirsch Strauß, ihr Vater, hatte das Geschäft gegründet. Gustavs Hintergrund hingegen liegt im Dunkeln. Wir wissen, dass er am 6. März 1879 in Konin an der Warthe geboren worden ist, einer mehrheitlich polnischsprachigen Stadt, die damals zum Russischen Kaiserreich gehörte. Das Paar heiratete am 23. Dezember 1921 in Bielefeld.
Henriette und Gustav besaßen zwar ein Geschäft – doch das bedeutet nicht, dass sie wohlhabend waren. Beide wohnten seit 1921 zur Miete in der Kaiserstraße 124 (heute: August-Bebel-Straße) und gehörten der jüdischen Gemeinde an. Ab Februar 1939 musste Gustav den Zwangsvornamen “Israel”, Henriette den Zwangsvornamen “Sara” führen. Im Dezember 1939 wurden sie gezwungen, nach über 18 Jahren ihre Wohnung im Zentrum Bielefelds aufzugeben und in eine Wohnung in Schildesche, An der Stiftskirche 11, zu ziehen. Gustav wurde 1941 zum Arbeitseinsatz eingezogen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits 62 Jahre alt war. Beide wurden am 13. Dezember 1941 nach Riga deportiert und sind dort ermordet worden.
Nach der Deportation geschah mit dem Besitz, mit den Gegenständen in der Wohnung, sehr wahrscheinlich das, was mit vielen Wertgegenständen deportierter Juden geschah: Sie wurden am 20. Januar 1942 öffentlich versteigert und der Gewinn, über 1800 Reichsmark, dem Finanzamt zugeführt.
Spur aufgenommen und Recherche
David Hecken (Erstversion pdf)
Landesarchiv Nordrhein Westfalen – Abteilung OWL
Weitere Recherchen
Martin Féaux de Lacroix
Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. Bielefeld