Pauline Grünewald – Nach Theresienstadt deportiert

Meldekarte von Pauline und Sally Grünewald.
Meldekarte von Pauline und Sally Grünewald. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt, Nr. 18.: Meldekartei Bielefeld-Mitte, 1920-1958.
12. Juli 1942
Johannisstraße 23, 33611 Bielefeld

Koscheres Fleisch

Pauline Grünewald, geb. Löwenstein am 21. Mai 1864 und ihr Mann Sally, geb. am 27. Januar 1873 in Schildesche, verst. am 9. April 1940, hatten eine Schlachterei mit einem Verkaufsladen. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurden die Schaufensterscheiben eingeschlagen – für den Schaden mussten die Grünewalds selbst aufkommen.

Nach dem Sterbebuch der Stadt Bielefeld von 1940 ist Sally Grünewald am 9. April 1940 in seinem Haus mit der damaligen Anschrift „Im Stift 14“ (heute Johannisstraße 23) gestorben. Als Krankheitsursache wurde „Darmverschluss infolge Darmkrebs“ angegeben. Der Todesfall wurde von Leopold Grünewald angezeigt, der zu diesem Zeitpunkt „An der Stiftskirche 11“ wohnte. Pauline Grünewald ist am 31. Juli 1942 zunächst nach Theresienstadt und anschließend nach Treblinka deportiert worden. Dort wurde sie am 23. September 1942 ermordet.

Erinnerungen eines Bielefelders

Nachdem 2019 ein Stolperstein für Pauline Grünewald verlegt worden ist, hat sich der Schildescher Stefan Hauk mit einem Brief an die Lokalredaktion der Neuen Westfälischen vom 25. März 2019 gewandt, den die Zeitung veröffentlicht hat. Er berichtet von einer Erinnerung seines Großvaters Karl Jünemann an die frühere Bewohnerin des Hauses, in dem später „Fisch Adam“ sein Geschäft hatte.

Frau Grünewald stand damals im Krieg eines Abends vor seiner Tür und bat ihn inständig ob er ihr nicht das Dach reparieren könnte, weil es bei ihr reinregnete und sie niemanden fand, der ihr helfen wollte, weil sie doch Juden waren. Herr Jünemann ist dann am nächsten Abend mit Werkzeug und zwei Dachpfannen unter der Jacke zu ihr geschlichen und hat das Dach im Dunkeln repariert. Auf dem Nachhausweg wurde er angesprochen und hatte noch länger Angst vor möglichen Folgen. Ihm ist aber nichts passiert.

Spur aufgenommen und Recherche
Mar­tin Féaux de La­croix
Ge­sell­schaft für Christ­lich- Jü­di­sche Zu­sam­men­ar­beit e.V. Bie­le­feld (GCJZ)

Literatur

  • Minninger, Monika / Meynert, Joachim / Schäffer, Friedhelm (Hrsg.), Antisemitisch Verfolgte registriert in Bielefeld 1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale (Bielefelder Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte 4) Bielefeld 1985
  • von Hollen, Kai-Uwe, Bielefeld-Schildesche, in: Hengst, Karl, Olschewski, Ursula (Hrsg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Detmold, Ardey-Verlag, Münster 2013, S. 275 – 277
  • von Hollen, Kai-Uwe, Die Juden in Schildesche im 19.Jahrhundert, in: Baumeier, Stefan / Stiewe, Heinrich (Hrsg.), Die vergessenen Nachbarn. Juden auf dem Lande im östlichen Westfalen, in: Schriften des Westfälischen Freilichtmuseums Detmold, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2006, S. 205 – 215

Quellen

  • Bielefelder erinnert sich, wie sein Opa im Krieg einer Jüdin half, in: Neue Westfälische vom 25. März 2019. URL
Veröffentlicht am und aktualisiert am 16. März 2023

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