Zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den von Nazi-Deutschland besetzten Ländern
unterlagen ab dem 8. März 1940 einer Ausweis- und Kennzeichnungspflicht. Die Ausweise wurden in Bielefeld u.a. in der Druckerei Georg Bode in der Ravensberger Str. 61 gedruckt. Im Gegensatz zu kriegsgefangenen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern hatten zivile neben ihren zwölfstündigen Arbeitsschichten gelegentlich Ausgang. Wenn es möglich war, nutzten viele diesen, um durch zusätzliche Arbeit bei Bauern oder in zivilen Haushalten etwas Nahrung zu erhalten, da die ihnen zugestandenen Rationen unzureichend waren und sie permanent Hunger litten. Der essentielle Unterschied zwischen kriegsgefangenen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern und zivilen bestand darin, dass erste durch schwerste Zwangsarbeit bei völlig unzureichender Ernährung und hygienischer Verhältnisse vernichtet wurden, während den zivilen bei minimalster Ernährung ein größt- und möglichst langfristiger Arbeitseinsatz abgepresst wurde.
Im Ausweis ist festgelegt, was den zivilen sowjetischen Zwangsarbeiterinnen während des Ausgang nicht gestattet war:
„Nach Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan und Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz (Anweisung der Geheimen Staatspolizei) ist den Ostarbeitern verboten: öffentliche Veranstaltungen, Kirchen, Filme, Varietes, Wirtschaften, Kaffees, usw. zu besuchen, sich mit deutschen Volksgenossen zu unterhalten, einzukaufen, Geschenke zu machen oder anzunehmen. Sie dürfen die elektrische Straßenbahn nicht benutzen und sind ausdrücklich verpflichtet, das OST-Abzeichen sichtbar zu tragen und unter Führung der Obengenannten geschlossen zusammen zu bleiben. Bei irgendwelchen Verstößen ist sofort die nächste Polizeistelle oder der Lagerführer (Ruf: 6720) zu benachrichtigen.“ (StArchBi, Best. 210,2, Nr. 2)
Spur aufgenommen und Recherche
Carsten Seichter
Blumen für Stukenbrock, e.V.,
DGB Arbeitskreis Zwangsarbeit in Bielefeld im NS,
Ortsgruppe Gegen Vergessen – für Demokratie