Karl Krietsch und der mutige Glaube der Zeugen Jehovas

Bestätigung der Verhaftung von Karl Krietsch vom Betriebsrat, 1948.
Bestätigung der Verhaftung von Karl Krietsch vom Betriebsrat, 1948. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Wiedergutmachung, Nr. C22
23. Oktober 1940
Klarhorststraße 14, 33613 Bielefeld

Von der Verfolgung zur Befreiung

Während des Zweiten Weltkrieges wurde Karl Krietsch aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den damals verbotenen Bibelforschern, den Zeugen Jehovas, vom 23. Oktober 1940 bis zum 31. Juli 1945 inhaftiert. Grund dafür war, dass er an Versammlungen der Zeugen Jehovas weiterhin teilnahm. Er verbrachte diese Zeit im Konzentrationslager Sachsenhausen und im Zweiglager Steyr des Konzentrationslagers Mauthausen in Österreich. Der NS-Betriebsobmann Baumann aus Stieghorst hatte ihn aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas angezeigt. Am 23. Oktober 1940 wurde Krietsch von der Gestapo verhaftet, ohne ein Strafverfahren gegen ihn einzuleiten. Zunächst war er in Bielefeld inhaftiert. 4,5 Jahre vergingen, bis Karl Krietsch von den Alliierten Truppen am 31. Juli 1945 befreit wurde.

Von den Spuren der Verfolgung gekennzeichnet

Nach seiner Entlassung fand er eine Anstellung als Lagerangestellter bei der Firma Dr. Wolf in Bielefeld. Zu dieser Zeit litt er bereits unter gesundheitlichen Problemen, darunter Kopfschmerzen, Schwindgefühle, Rückenschmerzen und Herzprobleme. Es wurde vermutet, dass diese Beschwerden auf Misshandlungen während seiner Inhaftierung zurückzuführen werden können. Demnach soll es zu Blutungen aus Kopf und Nase sowie Schlägen auf dem Kopf gekommen sein. Es bestand der Verdacht, dass er eine Gehirnerschütterung erlitten haben könnte. Dies bestätigen auch die Zeugen Willi Bernigau und Johannes Ernst, die seine Mithäftlinge waren. Ein weiterer Zeuge, Adolf Matzke, als anerkannt Verfolgter des Nazi-Regimes, war ebenfalls Mithäftling von Karl Krietsch. Matzke sagte als Zeuge im Wiedergutmachungsverfahren für Karl Krietsch aus. Zwei weitere Häftlinge sprachen für ihn: Max Schröer und Helmut Knöller. Von ihnen liegen schriftliche eidesstattliche Erklärungen vor. Adolf Matzke und Karl Krietsch wurden in der „Baubrigade/Todeskommando“ eingesetzt.

Des Weiteren entwickelte Karl Krietsch Gelenkrheuma, aufgrund der schlechten sanitären Verhältnisse und weiteren Misshandlungen während seiner Inhaftierung. Diese gesundheitliche Beeinträchtigung führten zur Verminderung seiner Erwerbsfähigkeit. Deshalb konnte er bestimmte berufliche Tätigkeiten nicht mehr ausüben.

Karl Krietsch erlitt durch die Inhaftierung ins Konzentrationslager Sachsenhausen schwere Traumata, die sich psychisch und physisch auf seine Gesundheit und alltäglichen Tätigkeiten auswirkten. Aufgrund dessen stellte er einen Antrag auf Entschädigung. Für diesen Antrag musste er seine Papiere wiederherstellen, da diese ihm zuvor entnommen worden waren. Die Landesbehörde Nordrhein-Westfalen hat am 20. Oktober 1960 gesundheitliche Schäden im Zusammenhang mit der Inhaftierung anerkannt. Daraus resultierte, dass er eine Beschädigtenrente von 45 Prozent erhielt. Gleichzeitig arbeitete er aufgrund seiner Krankheit noch zu 50 Prozent.

Biografie Karl Krietsch

Karl Krietsch wurde am 21. Mai 1902 in Diebzig, Sachsen geboren. Er war verheiratet mit Magdalena Krietsch, geb. Ernst am 14. Juni 1906 in Bielefeld. Karl und Magdalena Krietsch hatten einen gemeinsamen Sohn. Sie wohnten zusammen in der Klarhorststraße 14 in Bielefeld. Karl war vor der Inhaftierung als Dreher tätig, später als Lagerangestellter, aufgrund gesundheitlicher Probleme. Offiziell wurde Karl Krietsch am 25. Juli 1946 als Verfolgter der Nationalsozialisten anerkannt.  Am 10. August 1967 starb er aufgrund „schweren Herzleiden“. Die Begründung der Landesrentenbehörde ist, dass sich das Herzleiden schicksalsmäßig, aber nicht verfolgungsabhängig weiterentwickelt hat. Angeblich gibt es keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Tod von Karl Krietsch und dem Verfolgungsgeschehen. Zudem wurde ihr Antrag auf die Witwenrente aus medizinischen Gründen abgelehnt.

Spur aufgenommen und Recherche
Alina Schnabel, Julia Schnabel
Rudolf Rempel Berufskolleg Bielefeld

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,3/ Wiedergutmachung, Nr. C 10
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/ Wiedergutmachung, Nr. C 22
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/ Wiedergutmachung, Nr. A 176
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/ Wiedergutmachung Nr. A 177
Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. Juni 2023

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