Der 40 Jahre alte Bielefelder Metallarbeiter Hugo Ebert wurde zum 29. Januar 1943 durch das Wehrbezirkskommando Bielefeld zum aktiven Wehrdienst einberufen und in eine Strafkompanie geschickt (offiziell in eine sogenannte „Bewährungskompanie 999“). In das Visier der Verfolgungsbehörden war er allerdings schon Jahre zuvor geraten, als er wegen Verbreitung illegaler Schriften verhaftet und 1936 zu mehr als vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden war (siehe auch Wilhelm Ebert). Nach vollständiger Verbüßung dieser Strafe blieb er unter Beobachtung durch die Gestapo. Seine bürgerlichen Ehrenrechte erhielt er nicht vollständig zurück, wurde ihm doch die Teilnahme an der „Vaterlandsverteidigung“, also am Kriegsdienst, wegen „Wehrunwürdigkeit“ verweigert, seinerzeit eine Schande. Erst durch einen „besonderen Führerbefehl“ von Oktober 1942 und die Einrichtung von sogenannten „Bewährungseinheiten“ konnte die Wehrmacht nun auch auf Männer wie Ebert zurückgreifen.
Diese Strafbatallione waren zusammengesetzt aus Regimegegnern, inhaftierten Kriminellen und wenigen regulären Truppen, die als Aufpasser fungierten. Ausbildung und Ausrüstung waren mangelhaft und die Einsätze besonders riskant. Wegen politischer Unzuverlässigkeit wurden manche dieser Bewährungseinheiten entwaffnet, trotzdem mussten die Männer weiter am Krieg teilnehmen, zum Beispiel in Bautrupps.
Hugo Ebert war 1943 und 1944 in Nordafrika und Griechenland im Einsatz. Gegen Kriegsende wurde seine Einheit nach Ostpreußen geschickt. Dort verliert sich seine Spur im Februar 1945.
Hugo Ebert wurde am 30. November 1902 als fünftes Kind einer Bergarbeiterfamilie in Duisburg geboren. Nach der Volksschule lernte er den Beruf des Schlossers und war ab 1931 in Bielefeld tätig, zuletzt als „Fabrikschlosser“ bei der Firma Wilhelm Krämer. Von 1935 bis 1939 war er inhaftiert im Zuchthaus Hameln. Am 20. Februar 1942 heiratete er Johanne Ebert, geboren Bohn am 19. September 1907 in Bielefeld. Die sehr kurze Ehe blieb kinderlos. Die letzte gemeinsame Wohnung war in Bielefeld in der Bielsteinstraße 43.
Hugo Ebert war gewerkschaftlich organisiert, gehörte aber keiner Partei an und blieb Mitglied der evangelischen Kirche. Über besondere Widerstands- oder politische Aktivitäten ist weiter nichts bekannt. Mit dem gelegentlichen Austragen kommunistischer Schriften half er seinem Bruder Wilhelm Ebert, „aus Gefälligkeit“, wie er im Verhör angab. Dies wurde ihm zum Verhängnis.
Bereits im Juni 1946 wurde Hugo Ebert auf Betreiben der Familie als politisch Verfolgter anerkannt. Erst 1954, also neun Jahre nach Kriegsende, erklärte ihn das Amtsgericht Bielefeld für tot. Als Todestag wurde der 31. Dezember 1945 bestimmt.
In den späten 1950er Jahren wurde ein Wiedergutmachungsverfahren durchgeführt. Die Witwe und andere Erben erhielten bescheidene finanzielle Zuwendungen für die erlittenen Leiden und materiellen Schäden. Sowohl die Inhaftierung als auch die Zeiten in den „Bewährungseinheiten“ wurden berücksichtigt.
Ein sehr ausführliches Gutachten des Suchdienstes der Deutschen Roten Kreuzes kommt 1974 zu dem Ergebnis, dass Hugo Ebert wahrscheinlich etwa Mitte März 1945 bei schweren Kämpfen in Ostpreußen ums Leben gekommen ist. Eine spätere Überprüfung (nach Eröffnung zuvor unzugänglicher Quellen) ergab keine neuen Gesichtspunkte. Der „Suchfall Hugo Ebert“ gilt weiterhin als „offen“.
Seit dem 15. Juni 2023 liegt für Hugo Ebert ein Stolperstein vor dem Haus seines letzten freiwilligen Wohnsitzes der Bielsteinstraße 41 (Rede von Gerlinde Bartels).
Spur aufgenommen und Recherche
Gerlinde Bartels
Stolperstein-Initiative Bielefeld e.V.