Hermann Krome – Flucht aus dem Polizeigefängnis in Bielefeld

Titelbild der Volkswacht vom 31. Dezember 1932, bei der Hermann Krome angestellt war.
Titelbild der Volkswacht vom 31. Dezember 1932, bei der Hermann Krome angestellt war. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 39: Volkswacht.
Auflistung der Inhaftierung von Hermann Krome zwischen 1942 und 1945.
Auflistung der Inhaftierung von Hermann Krome zwischen 1942 und 1945. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Wiedergutmachtung Kreis, Nr. A 56
30. September 1944
Deckertstraße 64, 33617 Bielefeld

Hermann Krome flieht am 30. September 1944 während des großen Luftangriffs auf Bielefeld aus dem Polizeigefängnis an der Turnerstraße. In wechselnden Verstecken überlebt er bis zum Eintreffen der Amerikaner. Er wechselt ständig von Versteck zu Versteck: Geräteschuppen in Hoberge auf seinem Grundstück, in Hagen/Lippe bei seiner Schwiegertochter Magarete Krome und bei seinem Bruder Fritz Krome in Bielefeld. Er überlebt so die Verfolgung der Nationalsozialisten.

Verfolgung und Inhaftierung

In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 1933, anderthalb Monate vor dem Parteiverbot der SPD am 22. Juni 1933, wird die Buchdruckerei und Buchhandlung „Volkswacht“ von der SA besetzt und geschlossen. Von da an ist Hermann Krome bis 1938 arbeitslos. Gelegenheitsarbeiten bei der Firma Rempel, Firma Wehling und der Post halten ihn über Wasser. Der Zeuge Anton Kretschieg sagt bei der Verhandlung des Kreissonderauschuss aus, Krome hätte sich „ins Bergische [Land]“ begeben. Man hat wahrscheinlich eine falsche Spur gelegt.

Am 26. August 1942 wird er

wegen heimtückischer Äußerung, durch die er die Wehrkraft des deutschen Volkes zu lähmen und zu zersetzen versuchte habe, gemäß §2 des Heimtücke Gesetzes zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt.“ (StArchBi, Best. 120,3, Nr. A 56)

Was ihm konkret vorgeworfen wird, ist nicht bekannt. In verschiedenen Gefängnissen Bielefelds, Bochums und Dortmunds ist er in dieser Zeit inhaftiert, bis er beim großen Bombenangriff am 30. September 1944 fliehen kann. Denunziert und angezeigt wird er von Herrn Althaus oder Althans (Name ist nicht genau zu lesen), der in der Piggenstraße 1 lebt.

Wer ist Hermann Krome?

Hermann Krome wird am 25. September 1891 in Bielefeld geboren, wohnt in Gadderbaum Deckerstr. 64 und verstirbt am 25. August 1973.

Er besucht die Volksschule und macht eine Lehre als Buchhändler. 1918 kommt er mit einer Gasverletzung aus dem ersten Weltkrieg zurück. Er ist von 1911 bis 1933 Bezirkssekretär der SPD-Bezirks OWL und „beider Lippe“ (Lippe und Schaumburg-Lippe). 1912 bis 1933 arbeitet er als Buchhändler und Angestellter der Volkswacht. Politisch verantwortlich leitet er als Bezirkssekretär der SPD und Vorsitzender der Pressekommission Verlag, Buchhandlung und Redaktion der „Volkswacht“. Als Mitglied der Gemeindevertretung ist er in Gadderbaum aktiv. Als Vereinsvorsitzender des Arbeiter-Turn- und Sportbund in Gadderbaum organisiert er dort sportliche Initiativen (Breitensport). Auf Stadtebene ist er als Sportfunktionär tätig.

Verheiratet ist er mit Emilie Krome (28. Oktober 1889 – 17. August 1973). Sie haben zwei Kinder: Herbert und Edith.

Hermann Krome berichtet

Hermann Krome berichtet von einer Begebenheit Ende Mai 1933. Als er nach der Schließung der Volkswacht arbeitslos geworden war, meldet sich der Gemeindevertreter der NSDAP in Gadderbaum Klein. Er sei von Dr. Löhr, Kreisleiter der NSDAP beauftragt worden, ihn für die NSDAP zu werben. Dr. Löhr und er haben sich aus der Gemeindevertretung gekannt. Man habe ihm einen Posten versprochen. Bedingung hierfür aber sei gewesen, dass er sich erstens öffentlich für die NSDAP bekennen und zweitens den Widerstad aufgeben solle. Dies habe er allerdings abgelehnt.

Nach der Befreiung Deutschlands von der Nazidiktatur ist er nach 1945 im Phönixverlag tätig gewesen. Er arbeitet bei der Freien Presse als Archivar. Nach Neugründung der SPD ist er wieder Mitglied des Bezirksvorstandes der SPD Ostwestfalen und Lippe. 1947 wird er vom Kreissonderhilfsausschuß (KSHA) als politisch Verfolgter anerkannt.

Spur aufgenommen und Recherche
Willi Aders-Zimmermann
Arbeitskreis „BIELEFELDER ARBEITER*INNEN IM WIDERSTAND GEGEN DEN NATIONALSOZIALISMUS“

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/ Einwohnermeldeamt, Nr. 28: Gadderbaum, Abgänge 1960-1984
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Wiedergutmachung Kreis Bielefeld, Nr. A 11
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Wiedergutmachung Kreis Bielefeld, Nr. A 56
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,1/Westermannsammlung, B. 235-1, S. 2: „Bürgermeister Orth mit den Herren Krome und Kronshage als Beigeordnete einstimmig wiedergewählt“ (Freie Presse 1946)
  • Stadtarchiv Bielefeld Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 39: Volkwacht
    • Volkswacht vom 31. Januar 1930
    • Volkswacht vom 24. Februar 1930
    • Volkswacht vom 8. März 1930
    • Volkswacht vom 30. Mai 1930
    • Volkswacht vom 22. September 1930
Veröffentlicht am

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