Anfang September 1940 erhielt die Anstaltsleitung einen Erlass des Reichsministers des Innern. Die jüdischen Menschen sollten in der Landesheil- und Pflegeanstalt Wunstorf bei Hannover untergebracht werden. Anfang September 1940 erhielt die Anstaltsleitung einen Erlass des Reichsministers des Innern. Die jüdischen Menschen sollten in der Landesheil- und Pflegeanstalt Wunstorf bei Hannover untergebracht werden. Hermann Federmann erblickte am 18. März 1930 als ältester Sohn von Abraham und Charlotte Federmann, geborene Silberberg, in Hannover das Licht der Welt. Sein Vater kam aus Polen und war Schneider von Beruf. Die Familie Federmann lebte in Hannover in der Calenberger Neustadt nahe der Synagoge der jüdischen Gemeinde. Am 21. Oktober 1935 wurde dort auch Hermanns jüngerer Bruder Rafael geboren.
Im Alter von nur etwas mehr als einem Jahr erkrankte der kleine Hermann schwer an Enzephalitis, einer meist durch Viren verursachten, lebensbedrohlichen Gehirnentzündung. Seitdem war er geistig behindert und litt an Epilepsie. Mit zwei Jahren brachten seine Eltern ihn zum ersten Mal in die Provinzialanstalt Langenhagen. Auch wenn die epileptischen Anfälle später weniger wurden, konnte eine Besserung seiner geistigen Behinderung nicht mehr erwartet werden.
Am 28. Juli 1937 emigrierten die Federmanns mit ihrem jüngsten Sohn nach Argentinien. Hermann blieb nun ganz in der Obhut der Anstalt Langenhagen. Als diese einen anderen Arbeitsschwerpunkt erhielt, kam der gerade acht Jahre alt gewordene Hermann nach Bethel. Am 22. März 1938 zog er in Patmos, einem Pflegehaus für schwerstmehrfach behinderte Kinder, ein.
Im Haus Patmos scheint es Hermann gut gefallen zu haben. „Der Kleine hat sich in Bethel gut eingelebt und fühlt sich offenbar ganz wohl“, ließ der Leitende Arzt einem damals noch in Hannover lebenden Onkel am 28. April 1938 ausrichten.
Im Jahr 1940 wurde ihm in einem ärztlichen Bericht eine „dauernde Anstaltspflegebedürftigkeit“ bescheinigt. Anfang September 1940 erhielt Bethel vom Reichsminister des Inneren den Erlass, dass alle jüdischen Bewohner in die Landes- und Pflegeanstalt Wunstorf verlegt werden müssen. Die systematische Ermordung von jüdischen Menschen, die in einer Anstalt lebten, wurde in einer „Sonderaktion“ im Rahmen der „Aktion-T4“ beschlossen. Sieben jüdische Bewohner und Bewohnerinnen wurden am 21. September 1940 von Bethel nach Wunstorf gebracht, unter ihnen auch der jüngste, gerade mal zehn Jahre alte Hermann Federmann. Einige Tage später, am 27. September 1940, kamen sie von dort in die Tötungsanstalt Brandenburg/Havel, wo sie ermordet wurden.
Spur aufgenommen und Recherche
Beate Böhm
Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel