„Über die bitteren Erfahrungen dieser Zeit hat sie wenig gesprochen, offenbar aber lange unter ihnen gelitten.“ (Sax-Demuth 1995)
Else Zimmermann (geb. Schoenen am 14. August 1907 in Mönchengladbach, gest. 21. Juni 1995 in Hannover) war als „Frau Landrat“ von 1963 bis 1967 bundesweit die erste Frau in dieser Funktion. Doch nicht nur diese vier Jahre an der Spitze des Kreises Bielefeld stehen für einen beeindruckenden Lebensweg. Im entschiedenen Widerstand gegen den Nationalsozialismus setzte sie ihr Leben ein und wurde mit jahrelangem Zuchthaus dafür „bestraft“.
Im Mai 1928 heiratete Else Schoenen den Brackweder Theodor Zimmermann (geb. 30. Januar 1904), im gleichen Jahr kam ihre Tochter Ilse zur Welt. Beide Ehepartner waren politisch engagiert. Theo war Mitglied der Kommunistischen Partei (KPD), Else zunächst Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SPD). Deren Auseinandersetzung mit der immer stärker werdenden NSDAP erschien der jungen Frau nicht konsequent genug, sie verließ die SPD und trat 1932 in die KPD ein.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 setzte sich Else Zimmermann damit zwangsläufig politischer Verfolgung aus.
Für die Bielefelder Stadtverordnetenwahl vom 12. März 1933 war sie als Kandidatin der KPD aufgestellt worden. Sie wurde bei dieser letzten, wenigstens formal noch demokratischen Kommunalwahl trotz aller massiven Störungen durch die Nationalsozialisten auch gewählt. Aber schon zum Zeitpunkt der Wahl befand sie sich nicht mehr in Bielefeld. Als sie am Tag nach dem Reichstagsbrand vor einer bevorstehenden Verhaftung gewarnt wurde, musste sie ihren Mann und vor allem ihre kleine Tochter Ilse überstürzt verlassen.
Ein Jahr lang hielt sie sich in verschiedenen Städten verborgen, zeitweise konnte sie auch unerkannt nach Bielefeld zurückkehren. Noch im März erschienen hier zwei Ausgaben der „Roten Volkswacht“ der KPD, deren Texte sie verfasst hatte.
Ein Jahr später fuhr Else Zimmermann zu ihrer erkrankten Mutter nach Köln. Als sie diese im Krankenhaus besuchte, verhaftete die Polizei sie am 23. April. Wegen illegaler politischer Betätigung für die KPD kam die junge Frau ins dortige Gerichtsgefängnis, in den als Hinrichtungsstätte der nationalsozialistischen Sondergerichte berüchtigten „Klingelpütz“. Insgesamt musste sie über 14 Monate quälender Ungewissheit und brutaler Verhöre in der Untersuchungshaft durchleben.
Erst am 1. Juli 1935 wurde das Urteil gesprochen. Wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde sie zu zwei Jahren und zehn Monaten Zuchthaus verurteilt. Nur weil sie vor der Verschärfung des Gesetzes zur Aburteilung von Hoch- und Landesverrat vom 24. April 1934 verhaftet worden war, blieb ihr eine längere Zuchthausstrafe oder gar ein Todesurteil erspart.
So musste sie ein weiteres Jahr und acht Monate verbüßen, davon ein Jahr in Einzelhaft. Diese Zeit durchlebte sie in der ständigen Furcht, nach ihrer Entlassung in ein Konzentrationslager zu kommen.
Am 1. März 1937 wurde sie entlassen. Nach ihrer Rückkehr musste sich Else Zimmermann ganz in den privaten Bereich zurückziehen und sich regelmäßig bei der Gestapo melden – sie lebte seit dem 8. März im Lindenhof 9 (heute: Delbrücker Straße). 1941 wurde ihr zweites Kind, ihr Sohn Jürgen, geboren. Die Drohung willkürlicher Verfolgung durch die Nationalsozialisten begleitete die Eltern in dieser Zeit ständig.
Im Dezember 2022 erschien das Buch über Else Zimmermann, das mehr über ihren Widerstand gegen den Nationalsozialismus vor dem politischen Hintergrund der Zeit berichtet. Es schildert ebenso das Schicksal der späteren SPD-Politikerin, die ihr Leben ganz in den Dienst des Aufbaus eines demokratischen Deutschlands stellte.
Spur aufgenommen und Recherche
Hiltrud Böcker-Lönnendonker