Else Hamlet: „Osten (Umsiedlung)”

Meldekarte von Else Hamlet.
Meldekarte von Else Hamlet. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt, Nr. 18.: Meldekartei Bielefeld-Mitte, 1920-1958.
13. Dezember 1941
Rathausstraße 1, 33602 Bielefeld

Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Familien auseinandergerissen. Die jüdische Familie Hamlet ist hierfür nur ein Beispiel unter Tausenden. Bernadine, geboren am 1. Dezember 1862, verstorben am 11. April 1940, und Max Hamlet, geboren am 15. Januar 1859, verstorben am 26. Dezember 1922, die Eltern von Else, hatten eine große Familie mit insgesamt neun Kindern – einige verstarben schon im Säuglingsalter. Sie lebten in Schötmar – damals noch eine selbständige Stadt, heute ein Stadtteil von Bad Salzuflen.

Else Hamlet, geboren am 23. Mai 1896, war Verkäuferin in Schötmar und Pflegerin in Bielefeld. Vermutlich nicht freiwillig zog sie im Alter von 43 Jahren am 18. Januar 1940 nach Bielefeld in die Rathausstraße 1. Bielefeld konnte sie sich nicht zu ihrer neuen Heimat machen. Nachdem zunächst alle zur Deportation Bestimmten im Bielefelder Gasthaus „Kyffhäuser“ am Kesselbrink versammelt wurden, brachte man sie vom Bielefelder Hauptbahnhof aus nach Riga. Die Meldekartei der Stadt Bielefeld vermerkt als Zielort lapidar: „Osten (Umsiedlung)“. Else kam in das Ghetto Riga und von dort 1943 in das Konzentrationslager Riga-Kaiserwald. Sie ist wohl im Zuge der „Krebsaktion“ (so genannt in Dokumenten der Arolsen Archives) am 27. oder 28. Juli 1944 zusammen mit ihrer Schwester Hedwig und fast 4.000 anderen Juden ermordet worden. Das amtlich festgelegte Todesdatum für die Geschwister Else, Hedwig, Paul und Berta ist der 31. Dezember 1945. Pauls einziger Sohn Egon überlebte durch einen „Kindertransport“ nach England.

Um Elses eigene Geschichte zu bewahren, sei auf einen Fehler hingewiesen: Im Gedenkbuch von Minninger/Meynert/Schäffer (1985) wurde Else mit ihrer Cousine gleichen Namens verwechselt, die aber am 2. Juni 1905 geboren wurde. Diese jüngere Else Hamlet starb noch vor der Judenverfolgung durch das NS-Regime am 19. Dezember 1932.

Außerdem wird im Jahrbuch der Stadt Bad Salzuflen von 1998 irrtümlich dasselbe Geburtsdatum für die Geschwister Hedwig und Paul angegeben. Hedwig wurde allerdings nicht wie Paul am 8. Juni 1892, sondern am 24. Juni 1891 geboren.

Spur aufgenommen und Recherche
Dr. David Hecken (Erstversion als PDF)
Landesarchiv Nordrhein Westfalen – Abteilung OWL

Weitere Recherchen
Johanna Becker
Universität Bielefeld
Sonja Beinlich
Stadtarchiv Bad Salzuflen

Literatur

  • Decker, Brigitte (Hrsg.) Heimweh nach Bielefeld? Vertrieben oder deportiert: Kinder aus jüdischen Familien erinnern sich (Bielefelder Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte 22) Bielefeld 2007
  • Meyer, Franz, „Abgeschoben nach dem Osten“. Das „Schlußkapitel“ der jüdischen Geschichte in Bad Salzuflen und Schötmar, in: Meyer, Franz / Rottkamp, Uwe / Wiesenkopsieker, Stefan (Hrsg.), Jahrbuch Bad Salzuflen 1998, Bielefeld 1997, S. 141-153
  • Meyer, Franz, Gedenkverzeichnis der in der NS-Zeit verfolgten, verschleppten und ermordeten Juden aus Bad Salzuflen und Schötmar, in: Meyer, Franz / Rottkamp, Uwe / Wiesenkopsieker, Stefan (Hrsg.), Jahrbuch Bad Salzuflen 1998, Bielefeld 1997, S. 174-189
  • Minninger, Monika / Meynert, Joachim / Schäffer, Friedhelm (Hrsg.), Antisemitisch Verfolgte registriert in Bielefeld 1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale (Bielefelder Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte 4) Bielefeld 1985
  • Ruppert, Egmar, Familie Hamlet Heiden 1680-2001. Quellendokumentation, 2001
  • Schneider, Gertrude, Reise in den Tod. Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Dülmen/Westf. 2008

Quellen

  • Adreßbuch für den Stadt- und Landkreis Bielefeld 1940. URL
  • Stadtarchiv Bad Salzuflen, Jüdische Meldekarten Schötmar, C 335
  • Stadtarchiv Bad Salzuflen, Bestand OI, Geburts-, Heirats- und Sterberegister
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt, Nr. 18: Meldekartei Bielefeld-Mitte, 1920-1958
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,003/Amt für Wiedergutmachung, Nr. B 0081: Bertha Rieke Hamlet
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,003/Einwohnermeldeamt, Nr. 1262: Hausbuch Brüderpfad 3
Veröffentlicht am und aktualisiert am 29. Januar 2024

Kommentieren Sie den Beitrag

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert **

Themen
  • Arbeitslager
  • Ereignis
  • Jugend
  • Nazi-Organisation
  • Person
  • Verfolgung
  • Widerstand
  • Alle Kategorien aktivieren
Navigiere zu