Am 31. August 2005 wurde mit einem Festakt ein Gedenkstein vor dem Dankort in Bethel eingeweiht. Er soll an all diejenigen Männer und Frauen erinnern, die in den Jahren zwischen 1941 und 1945 Zwangsarbeit in den von Bodelschwinghschen Anstalten leisten mussten.
Mit Beginn der 2000er Jahre gewann in Deutschland das Thema der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus zunehmend an Beachtung. Zahlreiche Unternehmen, Wohlfahrtsverbände, sowie kirchliche Träger und diakonische Einrichtungen nahmen sich der historischen Aufarbeitung an. In Bethel beauftragte der Vorstand im Frühjahr 2000 die Forschungsstelle für Diakonie- und Sozialgeschichte an der Kirchlichen Hochschule Bethel mit den ersten Quellenrecherchen zu dieser Thematik. Im September 2000 konnten die ersten Ergebnisse veröffentlicht werden. Eine längere Forschungsphase schloss sich an.
Im Juli 2002 wurde der Sammelband „Zwangsverpflichtet. Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter(-innen) in Bethel und Lobetal 1939 – 1945“ herausgegeben, in dem es um die alltäglichen Arbeits- und Lebensbedingungen der in Bethel eingesetzten Menschen ging.
Neben der historischen Aufarbeitung stellte man sich darüber hinaus seiner Verantwortung: Bethel unterstützte über zwei Jahre lang 70 ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen aus Minsk mit einem Geldbetrag.
Das Leben in Bethel
In der Publikation konnte anhand der ausgewerteten Quellen, der Einsatz von ausländischen Zivilarbeitern und Zivilarbeiterinnen nachgewiesen werden. Sie kamen aus der Ukraine, Polen und der Slowakei, sowie zu einem kleineren Teil aus Frankreich, Kroatien, Belgien, Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und Serbien. Die ständigen Arbeitseinsätze konnten für den Zeitraum zwischen 1942 und 1944 festgestellt werden. Aus den Akten sind bis heute insgesamt 366 Namen und biographische Daten von Menschen, die in Bethel zwangsverpflichtet waren, überliefert. Zeitgleich lebten zwischen 150 und 180 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Bethel und den Zweiganstalten Eckardtsheim in der Senne, sowie Hermannsheide in Augustdorf und Freistatt in der Nähe von Diepholz.
Neben den zivilen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen wurden auch Kriegsgefangene aus dem nahe an Eckhardtsheim gelegenen Stammlager (kurz Stalag) 326 eingesetzt. Es gab rund 180 bis 230 Einsatzstellen. Die männlichen Kriegsgefangenen lebten in verschiedenen Arbeitskommandos in Bethel und Eckardtsheim, sie wechselten häufig, daher ist nichts über die Gesamtzahl oder die Einzelschicksale überliefert.
Der Notstand an Arbeitskräften in Bethel resultierte daraus, dass viele Männer in den Kriegsdienst einberufen wurden. Daher benötigte Bethel die zwangsweise eingesetzten Arbeiter und Arbeiterinnen für den Fortbestand der Anstaltsbetriebe, der Landwirtschaften und der Hauswirtschaft. Die Männer und Frauen waren für die Versorgung der Anstalten unerlässlich. In der Ortschaft Bethel waren die Männer vor allem in den Handwerksbetrieben tätig und wurden ab 1943 für den Bau des Luftschutzstollens unter dem Zionsberg eingesetzt. In den Zweiganstalten benötigte man sie zur Aufrechterhaltung der großen landwirtschaftlichen Betriebe.
Spur aufgenommen und Recherche
Alina Ebmeyer
Hauptarchiv der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel