Die NSDAP-Kreisleitung verlegt das „Horst-Wessel-Haus“ in die Hindenburgstraße 13

Die NSDAP-Zentrale „Horst-Wessel-Haus“; aus: Adressbuch der Stadt Bielefeld 1938
Die Übersicht nennt eine Parteifunktionärin und -funktionäre und illustriert die Fülle an NSDAP-Gliederungen, 1936; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 5800
Fritz Himmerich (1906-1987) war im Jahr des Umzugs NSDAP-Kreisleiter, 1936; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 5800
Die neun NSDAP-Ortsgruppenleiter Bielefeld-Stadt, 1936; Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 5800
1. Juli 1936
Alfred-Bozi-Straße 13, 33602 Bielefeld

Das neue „Horst-Wessel-Haus“

Im Sommer 1936 übernahm die NSDAP-Kreisleitung mit Parteigliederungen den Bau an der damaligen Hindenburgstraße 13, nachdem das Finanzamt ein neues Dienstgebäude Ravensberger Straße 125 bezogen hatte. Wie bereits die frühere Parteizentrale Wilhelmstraße 6 wurde er nach dem in Bielefeld geborenen und in Berlin ermordeten SA-Mann Horst Wessel (1907-1930) benannt, so die Westfälischen Neuesten Nachrichten am 1. Juli 1936. Dieser war vor allem als Dichter des Horst-Wessel-Liedes („Die Fahne hoch“) bekannt, das zur Parteihymne und nach der Machtübernahme zur 2. Nationalhymne avancierte.

Bis Ende August 1936 zogen die Geschäftsstellen aller Gliederungen der Kreis-NSDAP nach, da frühere Standorte sich nach Mitgliederzuwächsen und einhergehendem Organisationsausbau als jeweils zu klein erwiesen hatten. Das Gebäude erlitt beim Luftangriff v. 13. Juni 1941 einen Bombenteilschaden und wurde später zugunsten einer veränderten Führung der Stapenhorststraße abgebrochen.

NSDAP-Strukturen in Bielefeld

Nachdem eine erste 1923 gegründete NSDAP-Ortsgruppe aufgrund des von der damaligen Reichsregierung verfügten Parteiverbots erloschen war, fand die Wiedergründung am 16. März 1925 statt. Während der Gründungsversammlung traten 32 der 36 Sitzungsteilnehmer bei. Ortsgruppenleiter wurde Friedrich/Fritz Homann (1891-1937). Hervorgegangen war die OG aus der Bielefelder Nationalsozialistische Freiheitsbewegung, die sich am 27. Februar 1925 in die Deutschvölkische Freiheitspartei und eine NSDAP-Gruppe aufgespalten hatte.

Am 1. August 1932 wurde die angewachsene NSDAP-Ortsgruppe Bielefeld in acht OGn aufgeteilt:

  1. Jahnplatz
  2. Johannisberg
  3. Kamphof-Schildesche
  4. Kesselbrink
  5. Königsbrügge
  6. Pottenau
  7. Siegfried
  8. Sparenberg.

1933 kam die Ortsgruppe „Wittekind“ hinzu.

Nach einer vom Reichsorganisationsleiter Dr. Robert Ley (1890-1945) initiierten Neueinteilung der Ortsgruppen im Reich gab es in der Stadt Bielefeld 18 OGn. Deren Größe richtete sich nach der Anzahl der „Haushaltungen“ im OG-Bereich, die eine Zahl von 1.500, in Großstädten jedoch, wozu Bielefeld seit 1. Oktober 1930 zählte, von 3.000 nicht überschreiten sollte. Infolgedessen entstanden am 1. November 1938 zehn neue OGn (die OG-Namen „Sparenberg“ und „Kamphof-Schildesche“ wurden nicht übernommen):

  1. Arndt (ausgegründet aus OG Siegfried)
  2. Fröbel (hervorgegangen aus Sparenberg)
  3. Gellershagen (ausgegründet aus Wittekind)
  4. Heeper Fichten (ausgegründet aus Pottenau)
  5. Horst Wessel (ausgegründet aus Kesselbrink)
  6. Jahnplatz – Fritz Homann
  7. Johannisberg
  8. Kamphof (ausgegründet aus Kamphof-Schildesche)
  9. Kesselbrink
  10. Königsbrügge
  11. Nebelstor (ausgegründet aus Jahnplatz – Fritz Homann)
  12. Pottenau
  13. Schildesche (ausgegründet aus Kamphof-Schildesche)
  14. Siegfried
  15. Siekertor (hervorgegangen aus Sparenberg)
  16. Sieker-Stieghorst (ausgegründet aus Königsbrügge)
  17. Sudbrack
  18. Wittekind.

Diese Einteilung hatte bis Kriegsende Bestand, wobei Anpassungen bei Straßen- und Gebietszuständigkeiten möglich sind. Im Frühjahr 1939 zählten die Ortsgruppen insgesamt 7.210 Mitglieder (5,59 % von 128.900 Einwohnern).

NSDAP-Kreisleiter

  • Bielefeld-Stadt
    • August 1932 – 1. Mai 1933: Karl Heidemann (1895-1975)
    • Juni 1933 – Ende März/1936: Fritz Budde (1895-1956)
    • April 1936 – 3. März 1938: Fritz Himmerich (1906-1987)
  • Bielefeld-Halle (am 3. März 1938 hervorgegangen aus Bielefeld-Land, Bielefeld-Stadt und Halle)
    • März 1938 – Mai 1940: Gustav Reineking (1900-1945)
    • Mai 1940 – November 1940: Karl Heidemann
    • November 1940 – Mai 1941: Gustav Reineking
    • Mai 1941 – 12. Februar 1941: Karl Heidemann
    • Februar 1944 – Dezember 1944: Gustav Reineking
    • Dezember 1944 – Januar 1945: Kurt Grässner (1905-1993)
    • Januar 1945 – Kriegsende: Gustav Reineking.

Spur aufgenommen und Recherche
Dr. Jochen Rath
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld

Literatur

  • Becherer, Ernst, Der Weg der Bielefelder NSDAP an die Macht 1924 – 1933, (Diss.) Bielefeld 2007 (URL, Zugriff am 30.09.2021).
  • Becherer, Ernst, Untersuchungen zur Frühgeschichte der NSDAP in Bielefeld (Stadt und Region), in: 97. Jahresbericht des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg (2012), S. 207-232 (URL, Zugriff am 30.09.2021).
  • Hiemisch, Max, Der nationalsozialistische Kampf um Bielefeld (die Geschichte der N.S.D.A.P., Bielefeld), Bielefeld 1933.
  • Reibel, Carl-Wilhelm, Das Fundament der Diktatur: Die NSDAP-Ortsgruppen 1932-1945, Paderborn u. a. 2002.
  • Stelbrink, Wolfgang, Die Kreisleiter der NSDAP in Westfalen und Lippe. Versuch einer Kollektivbiographie mit biographischem Anhang (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen, Reihe C: Quellen und Forschungen, Bd. 48), Münster 2003 (URL, Zugriff am 30.09.2021).

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,2/Magistratsbaumamt, Nr. 212: Antrag auf Neuanstrich des „Horst-Wessel-Hauses“, Hindenburgstraße 13, 1937.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 108,5/Bauordnungsamt, Hausakten, Nr. 3804: Alfred-Bozi-Straße (Hindenburgstraße) 13.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,5/Ausgleichsamt, Nr. 13470 und 13642: Regulierung von Luftkriegsschäden am Gebäude Hindenburgstr. 13 (Horst-Wessel-Haus), 1941-1942.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 1, 3 u. 4: Geschichte der NSDAP-Ortsgruppe Bielefeld 1925-1933, Enthält: Handschriftliches Manuskript [von Max Hiemisch], 77 S., 1933.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 2: Gründungsversammlung der Ortsgruppe Bielefeld am 16. März 1925, 1925.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 10: Organisation und Mitgliederbewegung der Ortsgruppen Bielefeld und Halle, 1932.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 11: Organisation der Ortsgruppe Jahnplatz, 1926-1933.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 12: Organisation der Ortsgruppe Johannisberg, 1932-1934.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 13: Organisation der Ortsgruppe Kamphof-Schildesche, 1932-1934.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 250,1/NSDAP, Nr. 14: Tätigkeiten der Ortsgruppe Bielefeld, 1932-1938.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,2/Zeitungen, Nr. 6: Westfälische Neueste Nachrichten v. 1. Juli 1936.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,8/Karten und Pläne, Nr. 1292 bis 1293: Grundrisse des Gebäudes Alfred-Bozi-Straße (Hindenburgstraße) 13, 1922.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 5800: Broschüre NSDAP-Kreistreffen Bielefeld-Stadt, 5. und 6. Dezember 1936.
  • Adressbücher der Stadt Bielefeld, 1933, 1934/35, 1936, 1938, 1940.
Veröffentlicht am und aktualisiert am 18. Januar 2023

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