Prügel mit Todesfolge? Der Messdiener von St. Jodokus Heinz-Udo Hallau

Portraitfoto von Hans-Udo Hallau
Portrait von Hans-Udo Hallau, Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 95-006-017
Grab von Hans-Udo Hallau
Grab von Hans-Udo Hallau, Sennefriedhof, Privatbesitz der Autorin
2. Mai 1943
Klosterplatz 2, 33602 Bielefeld

Das Opfer

Der Abend des 2. Mai 1943 sollte dem 17-jährigen Messdiener der Jodokuskirche in Bielefeld, Heinz-Udo Hallau, zum Verhängnis werden. Auf dem Heimweg wurden er und einige andere Jugendliche von einer Streife der Hitlerjugend (HJ) aufgegriffen. Aufgrund fehlender Ausweispapiere wurde er in die Banndienststelle 158 der HJ (Koblenzer Straße 7) gebracht. Dort wurde er brutal mit Lederriemen misshandelt, obwohl er selbst Mitglied der HJ und sonntags vom Dienst befreit war. Anschließend brachte man ihn zur Gestapo (Siekerwall 9). Auf dem Weg dahin setzten sich die Misshandlungen fort. Die Banndienststelle war berühmt/ berüchtigt für grausame Behandlungen von Jugendlichen. Bei dem jungen Mann war zu dem Zeitpunkt schon eine leichte Tuberkuloseerkrankung festgestellt worden. Am nächsten Tag konsultierte die Familie einen Arzt, der Blut in den Gehörgängen und weitere Verletzungen bescheinigte. Eine kurz darauf angetretene Kur musste unterbrochen werden, weil sich der Gesundheitszustand so rapide verschlechterte, dass er im Krankenhaus Bethel am 19. August 1943 an einer tuberkulösen Meningitis verstarb.

Der Täter

Der für seine grausamen Schläge bekannte HJ-Führer Erich Sommer wurde am 29. Oktober 1947 wegen schwerer Körperverletzung im Fall Hallau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Eine Erklärung des Chefarztes der Inneren Abteilung von Bethel, dass die erlittenen Misshandlungen zur immensen Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt haben und schließlich zum Tod, lag zu diesem Zeitpunkt vor.

Die Nachkriegszeit und Erinnerung

Irritierend an dieser Stelle ist außerdem, dass dem Hinterbliebenenrentenanspruch der Mutter zuerst stattgegeben wurde, aber im Jahr 1952 mit der Begründung gestrichen wurde, dass die Verfolgungszeit zu gering gewesen sei und außerdem der Tod nicht sofort eingetreten wäre. Des Weiteren heißt es bei der Begründung, dass die Verfolgung weder aus politischen noch religiösen Gründen passiert sei. Die religiösen Gründe sind allerdings nicht sicher aufgeklärt. Gemäß der Schilderung von Günther Adrian in seinem autobiographischen Buch sei es Sommer um die „schwulen Pfaffen vom Klosterplatz“ gegangen. Heinz-Udo Hallau ist als „Zeuge für Christus“,  (Papst Johannes Paul II. hatte 1994 den Anstoß gegeben, eine umfassende Märtyrergeschichte des 20. Jahrhunderts zu erstellen – in den beiden Bänden sind über 700 Lebensgeschichten zusammengefasst, siehe Möhring (1999)) erwähnt und hat ebenfalls einen Platz im Wilhelm-Oberhaus-Fenster der St. Clemens Kirche in Dortmund. Nach einer erneuten Prüfung wurde dem Anspruch der Mutter schließlich 1960 stattgegeben. Die Grabstätte von Heinz-Udo Hallau liegt auf dem Sennefriedhof.

Spur aufgenommen und Recherche
Diana Molt, B.A.

Literatur

  • Adrian, Günter, Kindsköppe, Eine großdeutsche Jugend, Wien-Darmstadt, 1990.
  • Leutzsch, Andreas, Udo Hallau – Märtyrer im Zwielicht des Nationalsozialismus und seiner juristischen Aufarbeitung, in: Johannes Altenbehrend/Josef Holtkotte (Hrsg.), St. Jodokus 1511-2011, Bielefeld 2011.
  • Möhring, Peter: Heinz-Udo Hallau, in: Hellmut Moll (Hrsg.), Zeugen für Christus, Band I, Paderborn, 1999.

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,003/Amt für Wiedergutmachung, Nr. 608.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,10/Westermann-Sammlung, Nr. 58, Blatt 85.
Veröffentlicht am und aktualisiert am 27. September 2021

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