Hermann Babst: Raubmord an Nazigegner

Mitteilung an den Kreissonderausschuss Bielefeld zum gewaltsamen Tod von Hermann Babst durch britische Soldaten, 1946.
Mitteilung an den Kreissonderausschuss Bielefeld zum gewaltsamen Tod von Hermann Babst durch britische Soldaten, 1946. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. A 8
Polizeigefängnis in der Turnerstraße, 1941.
Polizeigefängnis in der Turnerstraße, 1941. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,003/Fotosammlung, Nr. 95-005-39
18. Juni 1946
Elpke 59, 33605 Bielefeld

Hermann Babst setzt sich am 18. Juni 1946 in der Fröbelstraße zu Wehr, als britische Soldaten sein Motorrad stehlen. Er wird zum zweiten Mal Opfer: Er stirbt an den Folgen der Gewaltanwendung durch die Soldaten der britischen Besatzungsmacht. In der freien Presse findet man keine Notiz über den Raubmord im Juni/Juli 1946. Dies ist nicht verwunderlich, da nach der Lizenzvergabe durch die britische Militärregierung die Freie Presse unter deren Aufsicht steht.

Hermann Babst, geboren am 24. Oktober 1902, arbeitet vor 1933 als Maler und ist Mitglied im Malerverband und der KPD. Er ist mit Martha Babst, ge­bo­re­ne Hu­wen­diek am 6. Ja­nu­ar 1908, ver­hei­ra­tet und sie ha­ben drei Kin­der: Inge, Gie­se­la und Chris­ta.

Hermann Babst leistet von Beginn an Widerstand gegen den Faschismus. Am 3. November 1933 wird er von der Gestapo verhaftet und misshandelt – dies bezeugen später Gustav und Karl Aschentrup. Er wird ins Polizeigefängnis an der Turnerstraße 4 eingeliefert und zusammen mit weiteren Gefangenen (‚Gruppe Larsch und Genossen‘) verurteilt. Ihm wird Versuch des Hochverrates vorgeworfen, da er Flugblätter und Zeitschriften der KPD 1933 verteilt habe.

Ende Januar 1934 wird er aus der Haft entlassen. Er steht jetzt ein Jahr unter Polizeiaufsicht mit Meldepflicht. Er arbeitet bei Malermeister Stenner von 1931 bis 1937. Danach ist er arbeitslos und schlägt sich durch mit Gelegenheitsarbeiten.

Über die Zeit nach seiner Entlassung aus der Schutzhaft gibt es keine Nachricht über sein weiteres politisches Verhalten. Es fehlen hierfür Dokumente. Hier stellen sich Fragen: Arbeitet er im Widerstand so konspirativ, dass die Gestapo nichts über seine politische Arbeit in Erfahrung bringen kann? Ist die Dokumentation unvollständig, sind Akten verschwunden? Hat Hermann Babst Kontakte zu Widerstandsgruppen? Wirken die Behandlung und Androhungen im Polizeigefängnis derart, dass er seine politische Arbeit einstellt? Er hat 1934 zwei kleine Kinder. Hält er sich zurück in Sorge um seine Familie?

1945 wird Hermann Babst von der britischen Militärregierung als Opfer des Faschismus anerkannt. Am 7. April 1948 werden Hermann und Martha die Anerkennung als politisch Verfolgte wieder aberkannt. Mindestanforderungen seien nach einer neuen Richtlinie des NRW-Sozialministers nicht gegeben. Der Kalte Krieg zeigt erste Auswirkungen.

Erst politischer Verfolgter des NS-Regimes und nun Opfer restaurativer Politik in der Nachkriegszeit. Nach vielen, bundesweiten Klagen wird auf dem Hintergrunde des § 1,1 BEG die politische Verfolgung von Hermann Babst (posthum) erneut anerkannt.

Spur aufgenommen und Recherche
Willi Aders-Zimmermann
Ar­beits­kreis „BIE­LE­FEL­DER AR­BEI­TER*IN­NEN IM WI­DER­STAND GE­GEN DEN NA­TIO­NAL­SO­ZIA­LIS­MUS“

Literatur

  • Aders-Zimmermann, Willi, Michael Knop. Eine Spurensuche – Widerstand und Lagerhaft in der NS-Zeit und Opposition in der Bundesrepublik Deutschland, Detmold 2021

Quellen

  • Bundesarchiv, Bestand B 126/12534/Britische Militärregierung, Anweisung Nr. 2900 (Hilfsleistung)
  • Stadtarchiv Bielefeld Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. A 3
  • Stadtarchiv Bielefeld Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. A 8
  • Stadtarchiv Bielefeld Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. A 9
  • Stadtarchiv Bielefeld Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. V 34
Veröffentlicht am und aktualisiert am 3. September 2025

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