Franz Salomon Friedmann wird am 20. Juni 1871 in Breslau geboren. Er geht, wie sein Vater, ins Textilgeschäft und zieht als junger Mann nach Essen. Dort heiratet er Johanna Altmann und bekommt mit ihr drei Kinder: Paul, Lotte und Karl. 1910 zieht die Familie nach Bielefeld, wo Franz das Kaufhaus „Franz Friedmann“ gründet.
Das Geschäft befindet sich zentral in der Innenstadt, Ecke Niedern- und Hagenbruchstraße. Es führt Damen- und Kinderkonfektion, Kleider- und Seidenstoffe, Modewaren, Baumwoll-, Leinwaren und Wäsche. Darüber hinaus werden Teppiche und Gardinen angeboten. Das Geschäft ist repräsentativ und macht durch großflächige Werbung auf sich aufmerksam. Anzeigen in den Bielefelder Zeitungen machen zum Winterschlussverkauf („weiße Woche“) und regelmäßig im Branchenbuchteil des Bielefelder Telefonbuchs auf die Firma aufmerksam. Musterbücher für Stoffe, die Einladung von Spitzenklöpplerinnen zur weißen Woche und Dokumente über ausgedehnte Betriebsfeiern geben Auskunft über das florierende Geschäft.
Das Geschäft leidet unter den Folgen des Ersten Weltkrieges. Zwar ist Bielefeld nicht direkt vom Krieg betroffen, aber die Folgen der Inflation zu Beginn der 1920er Jahre machen sich bemerkbar. Tageszeitungen werden auch in der Familie Friedmann zu Toilettenpapier geschnitten und Hauspersonal muss entlassen werden. Der Anteil der Luxusgüter im Kaufhaus Franz Friedmann geht zurück. Der Umsatz kann im selben Jahrzehnt aber wieder gesteigert werden.
Nach der Weltwirtschaftskrise 1929 erholt sich das Geschäft nicht mehr. Franz Friedmann geht darum 1932 eine Kooperation mit dem ebenfalls jüdisch geführten Kaufhaus Alsberg ein. Seine Liegenschaften in der Bielefelder Innenstadt vermietet er danach.
Mit dem Beginn der Judenverfolgung leidet auch die Familie Friedmann unter Ausgrenzung. Hinzu kommt die Verfolgung von Tochter Lotte und Schwiegersohn Hans an deren Wohnort in Köln. Beide werden wegen politischer Aktivitäten inhaftiert – Lotte für fünf Monate, Hans für zwei Jahre. Ihr Sohn Eric wird in dieser Zeit von den Großeltern in Bielefeld betreut. Franz und Johanna leben in unmittelbarer Nähe der Synagoge und des Polizeigefängnisses. Am 9. November 1938 müssen sie den Brand der Bielefelder Synagoge aus nächster Nähe miterleben. So verursachte Ängste und die mit der öffentlichen Missachtung verbundene Isolation mögen zum Freitod von Johanna am 1. November 1939 beigetragen haben.
Nachdem sich seine Frau Johanna das Leben genommen hat, bereitet sich Franz Friedmann auf Vorschlag und mit Hilfe seiner Tochter Lotte, die bereits mit ihrer Familie in den USA lebt, auf die Flucht vor. Er verkauft seine Liegenschaften an die Firma Berke und die Familie Gaus – die Grundbucheintragung erfolgte am 1. August 1940. Schon am 31. Januar 1940 schreibt Franz Friedmann dazu an Tochter Lotte:
„Das Haus Niedernstr. 15/Ecke Güsenstr. 2 habe ich heute an Sporthaus Berke, vorbehaltlich der üblichen Genehmigung, verkauft. […] Ich habe sehr viel Geld dabei verloren, aber ich bin zufrieden, dass es verkauft ist, natürlich ist es erst endgültig, wenn im Grundbuch umgeschrieben.“
Franz Friedmann kann den Tod seiner Frau nicht verwinden und nimmt darum die Gelegenheit zur Flucht nicht wahr. Er schreibt am 18. Mai 1941 an Lotte und Hans in den USA:
„[…] gehöre ich nicht nach unserer so glücklichen 36 jährigen Ehe an die Seite der geliebten Mutter? Ihr, die Ihr ja auch glücklich seid, Ihr werdet mich verstehen. Kann ich denn die geliebte Mutter allein hier liegen lassen?“
Franz Friedmann war in der jüdischen Gemeinde in Bielefeld tief verankert. Trotzdem fühlte er sich ohne seine Kinder und insbesondere seine Frau sehr einsam. So wundert es nicht, dass er die Aufforderung zur Deportation nach Theresienstadt zum Anlass nimmt und sich am 26. Juli 1942 das Leben nimmt.
Franz und Johanna Friedmann sind auf dem jüdischen Friedhof in Bielefeld beerdigt. Für die Familie Friedmann sind Stolpersteine vor dem Haus Falkstr. 12 verlegt.
Spur aufgenommen und Recherche
Christiane Wauschkuhn
Stolperstein-Initiative Bielefeld e.V.