Das Ehepaar Hermann und Martha Levy – Kein Entkommen

Meldekarte von Hermann Levy
Meldekarte von Hermann Levy. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt, Nr. 18.: Meldekartei Bielefeld-Mitte, 1920-1958.
13. Dezember 1941
Werner-Bock-Straße 13, 33602 Bielefeld

Hermann Hugo Levy wurde am 25. Februar 1885 in der ostfriesischen Kleinstadt Esens, seine spätere Frau Martha, geb. Heinemann, am 26. Juni 1884 in Herford geboren. Beide lebten auf der Insel Wangerooge, wo Hermann Levy als gelernter Schlachtermeister tätig war. Das Ehepaar hatte eine Tochter, Marga, geboren am 18. März 1914 und einen Sohn, Siegmund, geboren am 26. April 1919.

Hermann und Martha Levy wurden 10. November 1938 von der Gestapo verhaftet und aus Wangerooge vertrieben. Die Insel war danach „judenfrei“. Hermann Levy wurde in Schutzhaft genommen und wurde vom 12. November bis zum 15. Dezember 1938 im KZ Sachsenhausen als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Im Januar 1940 ordnete die Gestapo Wilhelmshaven die Ausweisung aller in Ostfriesland lebenden Juden an. Das Ehepaar Levy, das zunächst nach Esens geflüchtet war, zog daraufhin zum Bruder von Martha Levy, Bernhard Heinemann, nach Herford und wurde am 5. März 1940 von dort zwangsweise in das „Judenhaus“ in der Wiesenstraße 13 (heute: Werner-Bock-Straße 13) in Bielefeld eingewiesen. Am 13. Dezember 1941 wurden beide nach Riga deportiert. Hermann Levy wurde dort 1943 ermordet. Martha Levy wurde am 9. August 1944 in das KZ Stutthof verbracht und am 26. Dezember 1944 umgebracht. Die offizielle Diagnose lautete: „Herz-allgemeine Körperschwäche“.

Das weitere Schicksal der Kinder Marga und Siegmund

Marga Levy arbeitete zunächst als Hauswirtschafterin in Hildesheim und lebte ab 1936 im Haschara-Landwerk Neuendorf und ab dem 2. Juni 1940 im Lager Paderborn als Wirtschaftsleiterin. Am 5. Juli 1941 wurden die Haschara-Lager auf behördliche Anordnung aufgelöst und in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Paderborn“ umbenannt. Marga Levy heiratete dort am 18. März 1942 ihren Mann Alwin Fuld. Ihr gemeinsamer Sohn Dan kam am 22. Juli 1942 zur Welt. Am 1. März 1943 wurden alle Insassen des Lagers Paderborn von der Gestapo nach Bielefeld gebracht, nachts in geschlossene Güterwagen gepfercht und nach Auschwitz deportiert. Marga Fuld und ihr Sohn Dan wurden vermutlich direkt nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet. Alwin Fuld wurde zum Aufbau des IG-Farben-Werkes Monowitz eingesetzt und bei der Evakuierung aller Auschwitz-Lager auf den Todesmarsch nach Gleiwitz, dann in das KZ Mittelbau Dora und schließlich in das KZ Bergen-Belsen geschickt, wo er im März 1945 ums Leben kam.

Siegmund Levy hatte von 1933-1936 eine Schlachterlehre absolviert und danach mit seiner Schwester im Haschara-Landwerk Neuendorf gelebt. Von dort flüchtete er 1939 nach England und konnte am 22. August 1947 auf einem amerikanischen Marinetransporter in die USA emigrieren. Von dort aus beantragte er Wiedergutmachung. Er starb am 3. Juli 2004 in Stockton/ Kalifornien.

Für Hermann und Martha Levy sowie für ihre Kinder Marga und Siegmund wurden im Mai 2011 auf Wangerooge Solpersteine verlegt.

Spur aufgenommen und Recherche
Saskia David-Gaubatz (Erstversion als PDF)
Landesarchiv Nordrhein Westfalen – Abteilung OWL

Weitere Recherchen
Helga Kübler
Stolperstein-Initiative Bielefeld e.V.

Literatur

  • Minninger, Monika / Meynert, Joachim / Schäffer, Friedhelm (Hrsg.), Antisemitisch Verfolgte registriert in Bielefeld 1933-45. Eine Dokumentation jüdischer Einzelschicksale (Bielefelder Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte 4) Bielefeld 1985.
  • Schneider, Gertrude, Reise in den Tod. Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Dülmen, 2008.

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt, Nr. 18: Meldekartei Bielefeld-Mitte, 1920-1958.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 104, 3/Einwohnermeldeamt, Nr. 1631: Hausbuch, Wiesenstr. 13.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. B 119; B 120.
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 109,3/Amt für Wiedergutmachung Stadt, Nr. B 120.
Veröffentlicht am und aktualisiert am 19. Februar 2024

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