Nach der Zerstörung des Gestapo-Quartiers am Siekerwall 9 durch Bomben im September 1944 bezieht der letzte „Judenreferent“ der Gestapo sein Büro im ehemaligen Altenstift Upmannstraße 29.
Hermann Peters wurde am 22. Juni 1906 in Warendorf geboren. Nach verschiedenen beruflichen Stationen wechselte er schließlich zur Schutzpolizeischule nach Münster. Anschließend wurde er der Schutzpolizei in Hamm zugeteilt.
Zum 1. April 1937 trat der verheiratete und dreifache Vater seinen Dienst bei der Gestapostelle Bielefeld an. Sein Eintritt in die NSDAP ist mit dem 1. Mai 1937 verzeichnet. Innerhalb der Bielefelder Gestapo arbeitete er mit einer Unterbrechung bis Mitte 1944 im „Kirchenreferat“. In diesem Zusammenhang war Peters unter anderem auch am „Klostersturm“ in Germete und Sennelager 1939/40 beteiligt.
Wie zahlreiche Kollegen aus der im Juli 1941 zur Außenstelle herabgestuften Gestapodienststelle Bielefeld wurde Peters nach dem Überfall auf die Sowjetunion zum Dienst in eine Einsatzgruppe abberufen, in seinem Fall zum Einsatzkommando 12 der Einsatzgruppe D. Dort diente Peters von August 1941 bis Frühjahr 1942. Bis Mitte April 1942 ermordete die im Bereich der Heeresgruppe Süd operierende Einsatzgruppe D fast 92.000 Menschen, zum größten Teil Juden. In verschiedenen Verfahren nach 1945 gab Peters an, nichts vom blutigen Massenmord durch Erschießen mitbekommen zu haben, er wäre als „Erntehelfer“ im Einsatz gewesen. Sein Bielefelder Kollege Fritz Koesfeld war im gleichen Kommando angeblich „Hilfsschlachter“. Angesichts der tatsächlichen Aufgaben des EK 12 erhalten diese unglaubwürdigen Aussagen eine äußerst makabre Note.
Hermann Peters kam aus dem „Kirchenreferat“, für das er nach Übernahme der nun mit wesentlich geringerem Arbeitsaufwand verbundenen „Judenangelegenheiten“ weiterhin tätig war. In seine Dienstzeit fallen zwei besondere Maßnahmen:
Nicht wenige der im September zum „geschlossenen Arbeitseinsatz“ verbrachten Frauen und Männer wurden in den folgenden Wochen und Monaten wegen Erkrankung oder Reklamation ihrer vorherigen Arbeitgeber zeitweise oder dauerhaft beurlaubt und wieder in ihre Heimat zurückgeschickt. Eine Reihe von ihnen stand im Februar 1945 wiederum auf der Transportliste, als die letzte Deportation ins Ghetto Theresienstadt erfolgte.
Nach Aussagen des letzten RVJD-Vertrauensmannes Louis Sternberg aus Paderborn wie auch zahlreicher anderer Betroffener nach dem Krieg soll Peters Bitten nach Rückstellung oder Streichung von den Listen großzügig gehandhabt haben. Sternberg stellte ihm gar einen „Persilschein“ für das Spruchgerichtsverfahren aus. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass es auch andere Stimmen gab und Peters vorgeworfen wurde, gegen Bestechung gehandelt zu haben.
Einem Freispruch des Spruchgerichts Hiddesen 1948 folgten Protestresolutionen durch jüdische Verbände. Doch auch im erneuten Verfahren 1949 konnte Peters trotz zahlreicher vernommener Zeugen Korruption oder besondere Grausamkeit nicht nachgewiesen werden. Nur wegen brutalen Vorgehens gegen Zeugen Jehovas und einen Pastor erfolgte schließlich die Verurteilung zu zweieinhalb Jahren Haft, die aufgrund der Internierung im Lager Staumühle als verbüßt galt.
Auch weitere Verfahren verliefen ohne neue Erkenntnisse und weitere Verurteilungen. 1962 wurde Peters zuletzt durch die Staatsanwaltschaft Bielefeld im aufwändigen Ermittlungsverfahren wegen der Deportationen vernommen. Peters sagte dabei aus:
„Die Bezeichnung ‚Endlösung der Judenfrage‘ war mir damals völlig unbekannt. […] Bei der damaligen Verschickung nach Theresienstadt sind nicht nur wir Beamte, sondern auch die Juden selbst fest davon ausgegangen, dass es sich lediglich um eine Aussiedlungsaktion handelte. […] Als ich später davon erfuhr, war ich wie jeder anständige Mensch erschüttert.“ (Hermann Peters in einer Vernehmung, 31. August 1962. LAV NRW OWL, D 21 A Nr. 4852, Bd. 2.)
Hermann Peters war zu diesem Zeitpunkt bereits seit sechs Jahren wieder im Polizeidienst tätig. Er starb 1986.
Spur aufgenommen und Recherche
Jürgen Hartmann