Mahn­mal „Jede Er­mor­de­te, je­der Er­mor­de­te hat ei­nen Na­men“

Eröffnung des Mahnmals am 16. August 1998.
Eröffnung des Mahnmals am 16. August 1998. Privatbesitz Martin Decker
Eröffnung des Mahnmals am 16. August 1998.
Eröffnung des Mahnmals am 16. August 1998. Privatbesitz Martin Decker
"Wir mußten das einfach tun", Artikel im StadtBlatt vom 06. August 1998. Privatbesitz Martin Decker.
"Eine Art der Wiedereinbürgerung", Artikel im StadtBlatt am 20. August 1998. Privatbesitz Martin Decker
Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz.
Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz. Privatbesitz Martin Decker
16. Au­gust 1998
Am Bahn­hof 1b, 33602 Bie­le­feld (Bahn­hofs­vor­platz)

Text des Mahn­mals

JEDE ERMORDETE, JEDER ERMORDETE HAT EINEN NAMEN
Bielefeld war in zweifacher Hinsicht mit der Vernichtung der europäischen Juden verbunden. Die Stadt war vor 1933 die Heimat einer größeren jüdischen Gemeinde, die fast vollständig ausgelöscht wurde. Auf den Tafeln stehen die Namen und Geburtsdaten von Menschen, die zwischen 1933 und 1945 als Juden in Bielefeld registriert waren und durch Verfolgungsmaßnahmen zu Tode gekommen sind. Die Stadt war außerdem Sitz einer übergeordneten Gestapostelle, die ab 1938 die Massendeportationen für die Länder Lippe, Schaumburg-Lippe und den Regierungsbezirk Minden organisierte. Kinder, Frauen und Männer wurden wenige Tage vor der Deportation nach Bielefeld gebracht und in Sammellagern zusammengepfercht. Die Namen und Geburtsdaten der über Bielefeld deportierten und ermordeten Menschen sind unter ihrem letzten Wohnort aufgeführt. Die Altersangabe bezieht sich auf den Zeitpunkt der Deportation, bei wenigen auf das Todesdatum.

Es fol­gen die Da­ten und Ziel­or­te der zehn grö­ße­ren Bie­le­fel­der De­por­ta­tio­nen.

Ar­chi­tek­tur des Mahn­mals

Hart­mut Fal­ken­berg (Ar­chi­tekt), Mar­cus Tran­tow (Schrift­ge­stal­tung).

Die Na­men sol­len das Denk­mal sein, was gleich­ran­gi­ge An­ord­nung und gute Les­bar­keit be­deu­te­te. Die bei­den Pul­te er­in­nern an die zen­tra­le Be­deu­tung des Ler­nens im re­li­giö­sen und sä­ku­la­ren Ju­den­tum. Die un­re­gel­mä­ßi­ge Form der Pul­te ver­weist auf die ge­walt­sa­men Brü­che in der jü­di­schen Ge­schich­te.

Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Mahn­mals

Die „In­itia­ti­ve Mahn­mal / Frie­dens­grup­pe der Ev. Alt­städ­ter Ni­co­lai­ge­mein­de“ (Bri­git­te und Mar­tin De­cker, Det­lev Ha­mann, Dr. Ute Sold­an, Hil­la West­er­hel­weg) lern­te durch Re­cher­chen zu Aus­stel­lung und Ka­ta­log „Evan­ge­li­sche Kir­che im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus am Bei­spiel Bie­le­feld“ (1985/​1986) jü­di­sche Über­le­ben­de der Bie­le­fel­der/​ost­west­fä­li­schen De­por­ta­tio­nen ken­nen und schloss zum Teil enge Freund­schaf­ten. Am An­fang stan­den Lot­te Daltrop (1900 – 2001, Über­le­ben­de der Bie­le­fel­der The­re­si­en­stadt-De­por­ta­ti­on vom 12. Mai 1943) und der Vor­sit­zen­de der Jü­di­schen Kul­tus­ge­mein­de Bie­le­feld, Ar­tur Sachs (1914 – 1997, Über­le­ben­der der Bie­le­fel­der Riga-De­por­ta­ti­on), die uns an dut­zen­de an­de­re Über­le­ben­de ‚wei­ter­reich­ten‘. Vie­le von ih­nen mahn­ten eine Er­in­ne­rung im öf­fent­li­chen Raum an, am Aus­gangs­ort der Bie­le­fel­der De­por­ta­tio­nen, dem Be­reich von Haupt- und Gü­ter­bahn­hof. Das Mahn­mal wur­de 1998 fer­tig­ge­stellt. Für fast alle Über­le­ben­den war es das ers­te Mal, dass die Na­men ih­rer er­mor­de­ten Ver­wand­ten so­wie Freun­din­nen und Freun­de öf­fent­lich und dau­er­haft zu le­sen wa­ren.

Die De­por­ta­ti­ons­lis­ten der Ge­sta­po sind für Ost­west­fa­len –Lip­pe (mit ei­ner Aus­nah­me und ei­ni­gen Teil­lis­ten) nicht er­hal­ten. Der Stand der Per­so­nen­for­schung war in den 1990-er Jah­ren viel schlech­ter als heu­te. Gleich­zei­tig mahn­ten die Über­le­ben­den größ­te Ge­nau­ig­keit an. Die schwers­te Auf­ga­be für die „In­itia­ti­ve Mahn­mal“ war des­halb die lang­jäh­ri­ge Re­cher­che und nicht das Sam­meln der pri­va­ten Spen­den, die das Mahn­mal fi­nan­zier­ten. Die Re­cher­che ist bis heu­te nicht ab­ge­schlos­sen, wes­halb die letz­te Spal­te der Schrift­ta­feln für Nach­trä­ge un­be­schrif­tet blieb und auf die­se Leer­stel­le ver­weist.

Zu den run­den Jah­res­ta­gen der Bie­le­fel­der De­por­ta­tio­nen fin­den Ge­denk­ver­an­stal­tun­gen am Mahn­mal statt, bei de­nen Frei­wil­li­ge die Na­men der Op­fer der je­wei­li­gen De­por­ta­ti­on und Zeu­gen­aus­sa­gen zu ih­rer Er­mor­dung ver­le­sen.

Spur aufgenommen und Recherche
Mar­tin De­cker
In­itia­ti­ve Mahn­mal / Frie­dens­grup­pe der Ev. Alt­städ­ter Ni­co­lai­ge­mein­de

Veröffentlicht am und aktualisiert am 18. Januar 2023

Kom­men­tie­ren Sie den Bei­trag

Ihre E-Mail-Adres­se wird nicht ver­öf­fent­licht. Er­for­der­li­che Fel­der sind mar­kiert **

Themen
  • Arbeitslager
  • Ereignis
  • Jugend
  • Nazi-Organisation
  • Person
  • Verfolgung
  • Widerstand
  • Alle Kategorien aktivieren
Navigiere zu