Das Veranstaltungs- und Versammlungshaus „Kyffhäuser“, dass 1944 bei einem Bombenangriff total zerstört wurde, stand an der Stelle des heutigen Telekom-Parkhauses an der Nordseite des Kesselbrinks. Auch in der Zeit des Nationalsozialismus war dies ein belebter Platz mitten in Stadt; nicht weit entfernt vom Hauptbahnhof. Die Straßenbahnlinie 3 führte damals direkt am „Kyffhäuser“ vorbei.
Der große Saal dieses Lokals diente in den Jahren 1941 bis 1945 bei fünf von neun Deportationen mit dem Ausgangsort Bielefeld als „Sammellager“. Häufig holten einige Tage vor der Deportation vom Haupt- und Güterbahnhof Bielefeld Gestapoleute und Schutzpolizisten – teilweise ohne vorherige Ankündigung – die Jüdinnen und Juden, die für die jeweiligen Transporte vorgesehen waren, von ihrem Wohnort ab und brachten sie zum „Sammellager“ im „Kyffhäuser“.
Bevor diese Gaststätte im Dezember 1941 von der Gestapo zum ersten Mal für diesen perfiden Zweck ‚angemietet‘ wurde, diente es jahrzehntelang vielen Bielefelderinnen und Bielefeldern als Versammlungs- und Vergnügungsort für sehr unterschiedliche Anlässe. Hier sollen sogar die ersten Stummfilme in der Stadt gezeigt worden sein.
Bis 1927 oder 1928 hieß der Kyffhäuser „Centralhallen“ und bot laut Eigenwerbung auf einer Postkarte aus dem Jahre 1900 „einen modernen Saal mit 2500 Personen-Sitze und einem schattigen Garten mit 4000 Sitzplätzen“. Hier fanden Veranstaltungen statt, die von der SPD aber oder Gewerkschaften, der Deutschen Kolonialgesellschaft und vielen anderen organisiert wurden.
Am 15. November 1890 nach Aufhebung des Sozialistengesetzes wurde hier die Bielefelder SPD neu gegründet. Viele Jahre später – kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges – fand in den Sälen am 28. Juli 1914 eine „Kundgebung für den Frieden“ mit dem damaligen Volkswacht-Redakteur und späteren Reichsinnenminister Carl Severing (1895-1952) mit angeblich 7000 Besuchern statt. Am Ende des Krieges am 9. November 1918 war die „Centralhalle“ Schauplatz für die Wahl des „Bielefelder Volksrates“.
Am 10. November 1927 lud die Deutsche Kolonialgesellschaft Abteilung Bielefeld, der namhafte Bürger der Stadt angehörten, zu einem „Kolonial-Fest“ in den „Kyffhäuser“ ein. Das Ziel dieser und anderer Veranstaltungen war es, den „kolonialen Gedanken“ wieder aufleben zu lassen.
Natürlich fanden auch andere Tanz- und Vergnügungsveranstaltungen statt. Überliefert ist ein Plakat des „Deutschen Metallarbeiterverbandes“ aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Hiermit lud ein Festkomitee für Sonntag, den 29. Juli 1894 zum Stiftungsfest „bestehend in Konzert, Kinderbelustigungen und Ball“ in die Central-Halle ein. Es sollen mehr als 800 Eintrittskarten ausgegeben worden sein.
Spur aufgenommen und Recherche
Lutz Havemann
Initiativkreis Erinnern & Gedenken in OWL