Die Jagd auf Kom­mu­nis­ten und ihre Brief­tau­ben am Bei­spiel von Fritz Meis­ber­ger

Anweisung zur Beschlagnahmung von Brieftauben „im kommunistischen Meldewesen“, 25. April 1933
Anweisung zur Beschlagnahmung von Brieftauben „im kommunistischen Meldewesen“, 25. April 1933. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 130,2/Amt Brackwede, Nr. A 683
Beschlagnahmte Brieftauben bei Fritz Meisenberger in Brackwede, 2. Mai 1933.
Beschlagnahmte Brieftauben bei Fritz Meisberger in Brackwede, 2. Mai 1933. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 130,2/Amt Brackwede, Nr. A 683
Beschlagnahmung des Motorads von Konrad Webers, 9. Juni 1933.
Beschlagnahmung des Motorads von Konrad Webers, 9. Juni 1933. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 130,2/Amt Brackwede, Nr. A 683
Wahlplakat der KPD, 1932.
Wahlplakat der KPD, 1932. Stadtarchiv Bielefeld, 400,9/Plakate, Nr. 7558
29. April 1933
Os­na­brü­cker Stra­ße 217, 33649 Bie­le­feld

Sys­te­ma­ti­sche Kam­pa­gne ge­gen die Kom­mu­nis­ten

Im Früh­jahr 1933 star­te­te in Brack­we­de eine sys­te­ma­ti­sche Kam­pa­gne ge­gen Kom­mu­nis­ten. Die Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Deutsch­lands (KPD) war eine Par­tei, die sich für die Rech­te der Ar­bei­ter und ge­gen den Fa­schis­mus ein­setz­te. Nach der „Macht­über­nah­me“ der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten 1933 wur­den Kom­mu­nis­tin­nen und Kom­mu­nis­ten we­gen ih­rer po­li­ti­schen Geg­ner­schaft ge­zielt ver­folgt. Die­se Re­pres­sio­nen schlos­sen auch die Be­schlag­nah­mung von Ei­gen­tum ein, um die Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Mo­bi­li­täts­mög­lich­kei­ten der KPD-Mit­glie­der ein­zu­schrän­ken. Fritz Meis­ber­ger, ein en­ga­gier­tes KPD-Mit­glied, ge­riet da­bei ins Vi­sier der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten.

Be­schlag­nah­mung von Brief­tau­ben

Am 2. Mai 1933 ord­ne­te der hö­he­re Po­li­zei­füh­rer an, alle Brief­tau­ben der Kom­mu­nis­ten zu be­schlag­nah­men. Schon am 29. April 1933 wur­den Fritz Meis­ber­ger, wohn­haft in Quel­le Nr. 247 (heu­te: Os­na­brü­cker Stra­ße 217), 30 Tau­ben weg­ge­nom­men. Die­se Maß­nah­me rich­te­te sich ge­gen KPD Mit­glie­der, die im Brief­tau­ben­ver­ein ak­tiv wa­ren, um ihre Kom­mu­ni­ka­ti­on zu un­ter­bin­den. Brief­tau­ben wa­ren ein wich­ti­ges Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel, das von der KPD ge­nutzt wur­de, da sie zu­ver­läs­si­ge Nach­rich­ten­über­mitt­ler wa­ren, be­son­ders in Zei­ten in­ten­si­ver Über­wa­chung durch das NS-Re­gime.

Wei­te­re Be­schlag­nah­mun­gen

Ne­ben den Tau­ben wur­den auch Fahr­rä­der be­schlag­nahmt, die für KPD-Zwe­cke ge­nutzt wur­den. Die­se Be­schlag­nah­mun­gen be­gan­nen am 7. März 1933 und soll­ten die Mo­bi­li­tät und da­mit die Or­ga­ni­sa­ti­ons­fä­hig­keit der KPD-Mit­glie­der stark ein­schrän­ken. Fahr­rä­der wa­ren da­mals ein wich­ti­ges Trans­port­mit­tel, be­son­ders für die Ver­brei­tung von Pro­pa­gan­da.

Ein Bei­spiel für die Be­schlag­nah­mung von Ei­gen­tum be­traf Kon­rad We­ber, ein KPD-Mit­glied. Ab dem 7. März 1933 wur­den KPD-Mit­glie­dern Mo­tor­rä­der weg­ge­nom­men. Kon­rads Bru­der, Wil­helm We­ber, war je­doch seit 1930 Mit­glied der NS­DAP und SS-Mann, was die Si­tua­ti­on kom­pli­zier­te. Das Mo­tor­rad, das Kon­rad nutz­te, ge­hör­te sei­ner Mut­ter, die po­li­tisch neu­tral war. We­gen die­ser fa­mi­liä­ren Ver­bin­dung wur­de das Mo­tor­rad un­ter der Be­din­gung frei­ge­ge­ben, dass es dem SS-Mo­tor­sturm in Brack­we­de zur Ver­fü­gung ge­stellt wur­de und Kon­rad es nicht für kom­mu­nis­ti­sche Zwe­cke nutz­te.

Hohe Kos­ten für die Pfle­ge be­schlag­nahm­ter Tie­re

Im Au­gust 1933 be­rich­te­te der Bür­ger­meis­ter von Brack­we­de dem Land­rat über die Be­schlag­nah­mung von 28 wei­te­ren Brief­tau­ben. Die­se Tau­ben wur­den bei Stütz­punkt­lei­ter Haas in Sen­ne I un­ter­ge­bracht. Haas for­der­te 20 Reichs­mark für Fut­ter und Pfle­ge der Tau­ben, da die Tie­re zum Teil alt und fast wert­los ge­wor­den wa­ren. Die Un­ter­hal­tungs­kos­ten über­stie­gen den Wert der Tau­ben er­heb­lich, wes­halb ent­schie­den wer­den muss­te, ob die Tau­ben ge­schlach­tet oder ver­kauft wer­den soll­ten.

Ge­ziel­te Iso­la­ti­on

Die­se Maß­nah­men zei­gen die bru­ta­le Re­pres­si­on der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ge­gen po­li­ti­sche Geg­ner und den Ver­such, jeg­li­che op­po­si­tio­nel­le Ak­ti­vi­tät im Keim zu er­sti­cken. Die Be­schlag­nah­mung von Ei­gen­tum wie Tau­ben, Fahr­rä­dern und Mo­tor­rä­dern war eine ge­ziel­te Stra­te­gie, um die KPD zu schwä­chen und ihre Mit­glie­der zu iso­lie­ren. Durch den sys­te­ma­ti­schen Ent­zug von Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Trans­port­mit­teln wur­den die Mög­lich­kei­ten der KPD, Wi­der­stand zu leis­ten und ihre po­li­ti­schen Zie­le zu ver­fol­gen, stark ein­ge­schränkt. Die Er­eig­nis­se in Brack­we­de sind ein kla­res Bei­spiel für die um­fas­sen­de Un­ter­drü­ckung durch das NS-Re­gime und die ge­ziel­te Zer­schla­gung der po­li­ti­schen Op­po­si­ti­on.

Spur aufgenommen und Recherche
Lea Gh­ad­dar, Ka­shish Ku­mar
Rudolph Rempel Berufskolleg

Quel­len

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 130,2/Amt und Stadt Brackwede, Nr. A 683
  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 130,2/Amt und Stadt Brackwede, Nr. 2382
Veröffentlicht am

Ein Hinweis zu “Die Jagd auf Kommunisten und ihre Brieftauben am Beispiel von Fritz Meisberger”

  1. Jan-Willem Waterböhr sagt:

    Kom­men­tar von Jür­gen Hart­mann (23. Juli 2024):
    „Es ge­hört zur KPD auch er­wähnt, dass sie die Wei­ma­rer Re­pu­blik auf das Schärfs­te be­kämpf­te und ein an­de­res Sys­tem woll­te (wie es dort mit Mei­nungs­viel­falt etc. aus­ge­se­hen hät­te, kann man sich vor­stel­len). Es exis­tier­te üb­ri­gens ein il­le­ga­ler Mi­li­tär­ap­pa­rat der Par­tei in Bie­le­feld, der Bar­ri­ka­den­kampf, Spreng­stoff-/​Waf­fen­ein­satz und Hand­gra­na­ten­wurf übte. Die Übun­gen fan­den zu­meist im Raum Stein­ha­gen noch 1932/​33 statt.”

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