Zwischen Glauben und Tod – Christian Vogel

Portrait Christian Vogel. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 14-801-010
Portrait Christian Vogel. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 14-801-010
Abschrift des Schutzhaftbefehls gegen Christian Vogel, 1949. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Amt für Wiedergutmachung Kreis, Nr. C 3a
Abschrift des Schutzhaftbefehls gegen Christian Vogel, 1949. Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Amt für Wiedergutmachung Kreis, Nr. C 3a
24. Mai 1941
Hauptstraße 193, 33647 Bielefeld

Die Verfolgung religiöser Minderheiten im Nationalsozialismus gehört zu den weniger bekannten Kapiteln der NS-Zeit, ist aber von großer Bedeutung für das Verständnis lokaler Repressions- und Erinnerungsgeschichte. Besonders betroffen waren die sogenannten „ernsthaften Bibelforscher“, die später als Zeugen Jehovas bekannt wurden. Ihr konsequenter Boykott und Widerstand, den nationalsozialistischen Staat und seine Symbole anzuerkennen, führte dazu, dass sie von Beginn an als staatsfeindlich eingestuft wurden. Sie verweigerten den Hitlergruß, lehnten den Wehrdienst ab und betrieben trotz Verbots weiterhin ihre religiösen Aktivitäten. In Bielefeld wie auch in anderen Städten der Region gerieten sie dadurch ins Visier der Gestapo, die mit Verhaftungen, Berufsverboten und Prozessen reagierte. Ihre Haltung machte sie zu einer der am stärksten verfolgten religiösen Gruppen in der NS-Zeit.

Das Ausmaß dieser Verfolgung verdeutlicht das Beispiel von Christian Vogel. Er wurde am 1.Januar 1902 in Essen geboren, arbeitete als Glasbläser und lebte in Bielefeld. Christian gehörte zu den ernsten Zeugen Jehovas („Bibelforscher“), aufgrund dieser Zugehörigkeit wurde er insgesamt drei Mal in Haft genommen. Seine erste Inhaftierung erfolgte 1936 und dauerte drei Wochen. Am 16. Juli 1938 wurde er erneut festgenommen und verbrachte diesmal drei Monate in Haft. Seine dritte und letzte Verhaftung erfolgten im Dezember 1939 und am 22. Februar 1941. Vor dem Volksgerichtshof in Berlin wurde er zum Tode verurteilt und am 24. Mai 1941 hingerichtet. Anfangs ist Christian Vogel in Haft genommen worden, da er illegal seiner Tätigkeit bei den ernsten Bibelforschern nachgegangen ist. Als Grund für seine spätere Verurteilung wurde angegeben, dass er dem Gestellungsbefehl – also der verbindlichen Aufforderung, sich zum Wehrdienst in der Kaserne einzufinden – nicht nachkam. Damit steht Christian Vogel exemplarisch für viele Bibelforscher, die auf Grund ihrer Überzeugungen hingerichtet worden sind.

Auch seine Frau Elisabeth war von den Konsequenzen dieser Verfolgung betroffen. Sie versuchte nach Kriegsende, die Anerkennung als Opferangehörige durchzusetzen und stellte Anträge im Rahmen der sogenannten Wiedergutmachung. Ihre Anträge wurden jedoch zunächst abgelehnt, da sie als geschäftstüchtige Frau eingestuft wurde und man ihr deshalb eine mangelnde Bedürftigkeit unterstellte. Sie musste wiederholt Anträge stellen und ihre Situation darlegen. Ihr Fall verweist auf die schwierige Lage vieler Hinterbliebener: Nicht nur die Familienumstände mit denen Hinterbleibende umgehen mussten, sondern auch die bürokratisch meist steinigen Wege stellten eine Last für sie da.

Spur aufgenommen und Recherche
Emil Schulz, Michelle Bockhorst
Rudolf-Rempel-Berufskolleg

Quellen

  • Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 120,3/Amt für Wiedergutmachung Kreis, Nr. C 3a
Veröffentlicht am

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